Mietzinserhöhungen wegen Referenzzinsänderungen in Gewerbemietverhältnissen
Mieterin Nicole X. hat von Vermieter Ernst Y. Räumlichkeiten für ihre Physiotherapiepraxis gemietet. Sie erfährt in den Medien, dass es Mietzinserhöhungen geben wird, weil der Referenzzins gestiegen ist. Muss sie als Gewerbemieterin auch mit einer solchen Erhöhung rechnen?
Dies ist von verschiedenen Umständen abhängig. Grundsätzlich gilt der grösste Teil des Mietrechts sowohl für Wohn- und als auch für Gewerbemietverhältnisse.
Wenn der Mietvertrag von Nicole unbefristet ist, z. B. mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten, ist eine Anpassung an einen veränderten Referenzzins grundsätzlich möglich. Wenn der Mietzins von Nicole auf einem tieferen Referenzzins basiert als der aktuelle, kann Ernst mit einem offiziell genehmigten Formular eine Mietzinserhöhung für diesen Faktor mitteilen. Dabei kann er zusätzlich noch eine Teuerungsanpassung zu max. 40% vornehmen. Diese Mitteilung muss bei Nicole mindestens sechs Monate und zehn Tage vor dem nächsten Kündigungstermin eintreffen, damit sie rechtzeitig ist.
Überprüfen Sie Ihre Mietzinserhöhung mit unserem Mietzinsrechner
Wurde Ihre Miete aufgrund der Teuerung, des Referenzzinses oder der allgemeinen Kostensteigerung erhöht? Mit unserem Mietzinsrechner können Sie prüfen, ob die Erhöhung Ihrer Miete gerechtfertigt ist. Ist sie ungerechtfertigt, erhalten Sie von uns Dokumente für die Anfechtung. Der Mietzinsrechner ist für alle gratis.
Häufig bei Gewerbemietverträgen: befristete Mietverträge
Bei Gewerbemietverträgen sind aber relativ häufig auch Mietverhältnisse anzutreffen, die befristet sind, entweder mit einer Ablauf- oder einer Mindestdauer. Wird ein Mietverhältnis auf mind. 5 Jahre abgeschlossen, ist eine Referenzzinsanpassung während dieser festen Dauer nicht möglich. Oft wird in der Praxis vereinbart, dass der Mietzins in dieser festen Frist zu 100% den Veränderungen des Landesindexes der Konsumentenpreise (Teuerung) folgt. Auch eine solche Mietzinsänderung müsste Ernst mit einem offiziell genehmigten Formular mitteilen (mit einer Frist von mindestens 30 Tagen).
Erhöhungsmitteilung erhalten: Was tun?
Wenn Nicole eine Erhöhungsmitteilung erhält, aus welchem Grund auch immer, hat sie 30 Tage Zeit, um darauf zu reagieren. Dies steht auf dem Formular. Oft ist es leider nicht möglich, Unstimmigkeiten mit der Vermieterschaft direkt in dieser kurzen Frist zu regeln. Falls die Erhöhung falsch berechnet wurde oder aus anderen Gründen nicht akzeptabel scheint, kann Nicole sich mit einem Brief an die zuständige Schlichtungsbehörde in Mietsachen wenden, um die Erhöhung mit einer Anfechtung überprüfen zu lassen. Das Verfahren dort ist kostenlos und falls Nicole vor der Verhandlung doch noch eine Lösung findet mit Ernst, kann sie die Anfechtung abschreiben lassen. Ansonsten wird die Schlichtungsbehörde versuchen, die Meinungsverschiedenheit zwischen Nicole und Ernst zu klären.
Ungerechtfertigte Mietzinserhöhung
Welche Gründe kann es geben, dass eine Erhöhung nicht als gerechtfertigt erscheint? Das System zur Mietzinsanpassung in der Schweiz ist kompliziert und anfällig auf Fehler (sowie auf Flunkereien). Es ist z. B. möglich, dass von fehlerhaften Ständen des Referenzzinses oder des Landesindexes gerechnet wurde. Weiter könnte auch sein, dass Ernst zusätzlich mit einer überhöhten pauschalen Kostensteigerung gerechnet hat. Es kommt auch vor, dass in der Vergangenheit aus sehr unterschiedlichen Gründen Fehler passiert sind. Falls z. B. ein Mietzins in der Vergangenheit wegen Referenzzinssenkungen einmal oder mehrmals ungenügend herabgesetzt wurde, könnte Nicole verlangen, dass die neue Mietzinsanpassung zurück bis zum Mietvertrag oder bis zur letzten Erhöhung gerechnet wird. Eine Referenzzinserhöhung kann Nicole mit dem Mietzinsrechner des Mieterinnen- und Mieterverbandes prüfen. Handelt es sich um eine Indexanpassung, sollte sich Nicole im Zweifel direkt an die Rechtsberatung von MV Business wenden.